Flüchtlingsproteste in Augsburg
Seit Anfang dieser Woche steht auf dem Augsburger Rathausplatz ein mit Transparenten und Plakaten behängtes Zelt der Flüchtlingsbewegung »Refugee Tent Action«. Auf dem Platz harren die Flüchtlinge aus, die vor elf Monaten bereits mit einem Protestmarsch von Würzburg nach Berlin gegen Residenzpflicht, Lagerzwang und die allgemeinen Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Deutschland protestiert hatten. Seit dem 25. April sind sie wieder in Bayern, um hier die Flüchtlingslager aufzusuchen und mit den Asylsuchenden in Kontakt zu kommen. Ebenso wollen sie in Gesprächen an ihren Zelten über die »tägliche Unterdrückung« und ihr Ziel, Abschiebungen zu stoppen, sprechen, um Bewusstsein für die Situation der Menschen zu schaffen, die in Deutschland Schutz vor Verfolgung und Krieg suchen.
Am Dienstag fand das erste öffentliche Plenum der Flüchtlinge in Augsburg statt. Mit dabei waren linke Gruppen, welche die Aktivisten mit Nahrung und dem Druck von deren Flugblättern unterstützen. Dabei erzählten die Flüchtlinge von den vergangenen elf Monaten, in denen sie sich an den Protesten beteiligten. »Nun sind wir zurück, dort, wo der Protest begann. An unseren Zielen hat sich kaum etwas geändert. Residenzpflicht, Lagerzwang und die miserablen Lebensbedingungen von Flüchtlingen sind nicht hinnehmbar«, sagte einer von ihnen gegenüber RedGlobe. Weiterhin fordern die Flüchtlinge, akzeptiert zu werden und sich selbst organisieren zu dürfen.
In Gesprächen und aus ihren Essays erfährt man, dass sich die Flüchtlinge als »Non-Citizens« (dt.: Nicht-Bürger) verstehen. Das sei auch der Grund, weshalb es bei den Protesten in den vergangenen elf Monaten zu einem politischen Konflikt zwischen Aktivisten der antirassistischen Bewegungen und der Refugeebewegung kam, sagt einer von ihnen, der zwischen Englisch und Farsi übersetzt. Viele deutsche Aktivisten würden ihren Kampf meist nur als gegen Rassismus gerichtet betrachten, während den Flüchtlingen im Protestzelts diese Betrachtungsweise zu kurz greift. Ihrer Meinung nach basieren die diskriminierenden Flüchtlingsgesetze auf Kapitalismus und nicht auf rassistischer Diskriminierung. Die diskriminierenden Gesetze würden zwar für Asylsuchende gelten, jedoch nicht für Menschen, die Asyl erhalten haben, und auch nicht für Immigranten der dritten Generation. Somit sei »der Hauptunterschied zwischen diesen Gruppen die Staatsbürger/Nichtstaatsbürger-Dichotomie«.
Diese Sichtweise bestimmt auch ihre weiteren Ziele. »Es ist möglich, die Gesetze zu ändern. Doch das ist ein kurzfristiges und ungenügendes Ziel.« Wenn die Bemühungen für die Unterstützung Ayslsuchender die Staatsbürger/Nichtstaatsbürger-Dichotomie nicht aufbreche, »kann das keine radikale Perspektive für die Asylsuchenden-Bewegung« sein. Der Kampf gegen Abschiebegesetze und das Verteidigen des Bleiberechts haben »Priorität für die Richtungsbestimmung des Kampfes der Asylsuchenden-Bewegung«.
In ihrer ersten veröffentlichten Erklärung in Augsburg fassen sie ihre Position kurz zusammen: »Wir glauben daran, dass wir Non-Citizens sind, Non-Citizens, die an dem Zugang zu den Rechten gehindert werden, die die Citizens die „Bürger_innen“, in dieser Gesellschaft haben. Von all den grundlegenden Rechten von Menschen bleibt uns Non-Citizens nur ein Platz zum Schlafen, Essenspakete zum Essen, Albträume von Abschiebungen und ein Leben in Angst und Terror.«
Mehr Infos: www.refugeetentaction.net
Übernommen von RedGlobe